Rund 150 Meter unter dem Gipfel war Endstation für den Briten Tom Livingstone und den Slowenen Ales Cesen am 7952 Meter hohen Gasherbrum III im Karakorum. „Wegen starker Winde mussten wir unsere ursprüngliche Routenidee auf Nordwand/Grat ändern“, schreibt Tom auf Instagram. „Wir verbrachten mehrere weitere Tage damit, über eine neue Route (bei Schnee, stürmischen Winden und in voller Montur) bis auf 7800 Meter zu steigen. Hier gerieten wir leider in eine Sackgasse und mussten aufgrund der Kälte, des Wetters, der Müdigkeit und des Mangels an vernünftigen Optionen aufgeben.“
Rock ’n‘ Roll, Psyche ’n‘ Soul
Wie die Tschechen Marek Holecek und Radoslav Groh am Masherbrum scheiterten damit auch der 31 alte Brite Livingstone und der 40-jährige Slowene Cesen bei ihrem Versuch, in dieser Sommersaison in sauberem Stil eine neue Route an einem Fast-Achttausender zu besteigen. Dennoch habe es großen Spaß gemacht, schreibt Tom. Es habe ihn „schon immer gereizt, eine technische Route in großer Höhe“ zu klettern.
„Wir arbeiteten als kleines, unabhängiges Team, mit leichtem Gepäck, im Alpinstil. Rock ’n‘ Roll, Psyche ’n‘ Soul! Wir haben uns abgesichert, sind Risiken eingegangen, aber leider hat es nicht geklappt. Man braucht eine Menge Glück!“
Livingstone und Cesen hatten 2018 im Karakorum für Furore gesorgt, als ihnen gemeinsam mit dem Slowenen Luka Strazar die erst zweite Besteigung des 7145 Meter hohen, extrem schweren Latok I gelungen war – die erste von der Nordseite aus.
Wenige Versuche und Erfolge
Der Gasherbrum III gilt wegen seiner geringen Schartenhöhe zum benachbarten höheren Gasherbrum II nicht als eigenständiger Berg, zudem als technisch anspruchsvoll. Die Zahl der Versuche, den Gipfel zu besteigen, lassen sich an einer Hand abzählen. 1975 wurde der Gasherbrum III von einem vierköpfigen polnischen Team über die Ostwand erstbestiegen, mit dabei die legendäre Wanda Rutkiewicz (sie starb 1992 am Kangchendzönga, dem in Nepal gelegenen dritthöchsten Berg der Erde). 2004 wiederholten die Basken Alberto Iñurrategui und Jon Beloki die Route. 1985 scheiterten die Schotten Desmond Rubens und Geoffrey Cohen bei einem Versuch über den Westgrat auf rund 7700 Metern.
Müll gesammelt
Interessant ist, dass sich Cohen und 37 Jahre später Livingstone in ihrem Blick auf die kommerziellen Teams an den benachbarten Achttausendern Gasherbrum I und II ziemlich einig sind. „Die zirkusartige Atmosphäre des Gasherbrum-Basislagers, der von anderen Expeditionen zurückgelassene Müll und die Strapazen eines regen sozialen Lebens waren nicht die Art von Belastungen, die wir erwartet hatten“, schrieb Cohen 1986 im American Alpine Journal. „Eine wichtige Aufgabe bestand darin, die riesige Menge an Müll aufzuräumen, die andere Expeditionen hinterlassen hatten.“
Ähnlich klingt es bei Livingstone. „Es hat uns auch die Augen geöffnet, die Normalrouten von G I und G II zu sehen. Wir sahen Fixseile, Sauerstoffflaschen, Müll. Wir sahen eine andere Geisteshaltung, Drogen, ‚unterstützte Kraft‘ [assisted power]“, schreibt Tom. „Wir wissen, dass es jedem selbst überlassen ist, und wir haben beeindruckende Anstrengungen gesehen, diese Gipfel zu besteigen – und natürlich sind die Berge für alle da. Also sagten wir ‚Glückwunsch‘, hoben leise ihren Müll auf – und sahen dann zu, wie sie von einem Berg zum nächsten eilten (oder mit dem Hubschrauber flogen).“